Aktuelles zum Erbrecht

Coronavirus und die Rechtsfolgen

Im Rahmen der aktuellen Schutzmaßnahmen zur Eindämmung der weiteren Verbreitung des Sars-CoV-2 (Coronavirus) werden zahlreiche Veranstaltungen sowohl im beruflichen als auch im privaten Bereich abgesagt. Die Schließung von Universitäten und Schulen steht kurz bevor. Es ist davon auszugehen, dass auch alsbald Kindergärten und Kindertagesstätten von Schließungen betroffen sind. Unternehmen schicken ihre Mitarbeiter ins Homeoffice, vollständig nach Hause oder schließen gar den Betrieb ganz. Erste Behörden sind geschlossen und es ist mit weiteren Einschränkungen der Reise- und Bewegungsfreiheit zu rechnen.

 

Alle diese Maßnahmen führen hoffentlich zu einer Verringerung der Zahl der Neuinfektionen und zu einer Abflachung der Infektionskurve. Jedoch führen diese Maßnahmen auch alle zu wirtschaftlichen Einbußen und zahlreichen Rechtsfragen. Müssen bereits bezahlte Teilnahmegebühren oder Eintrittsgelder vom Veranstalter abgesagter Konferenzen oder Konzerte zurückbezahlt werden? Muss ich das für meine Mitarbeiter bereits gebuchte Messehotel bezahlen? Kann ich einfach Zuhause bleiben, wenn die Schule meiner Kinder wegen eines Coronaverdachts geschlossen wird oder muss ich zur Arbeit gehen?

 

Auch wenn diese Fragen neben dem Gesundheitsschutz banal wirken, dürfen die wirtschaftlichen Auswirkungen der Schutzmaßnahmen nicht unterschätzt werden. Die rechtlichen Fragen können jedoch nicht pauschal beantwortet werden. Fest steht jedoch, dass eine Rückerstattung bereits vorausbezahlter Kursgebühren, Anzahlungen oder auch Eintrittsgelder nicht mit dem pauschalen Verweis auf den vermeintlichen Rechtsbegriff der „höheren Gewalt“ verweigert werden kann. Es gilt weiterhin der Grundsatz, dass niemand für eine nicht erbrachte Leistung ein Entgelt verlangen kann. Möglicherweise besteht aufgrund der aktuellen außergewöhnlichen Umstände Situation, in der eine Haftung für weitergehende wirtschaftliche Schäden ausgeschlossen ist.

 

Gerne sind wir bereit, Ihre Rechtsfragen im Zusammenhang mit Coronavirus aus allen Bereichen wie z.B. dem Arbeitsrecht, dem Mietrecht, den (Werk-)Vertragsrecht, dem Reiserecht – auch nur telefonisch – zu beantworten und Ihren Fall individuell zu prüfen.

BGH entscheidet über Bindungswirkung von Patientenverfügungen

Der BGH hat in einem am 24.03.2017 bekanntgegebenen Beschluss vom 08.02.2017 nochmals zu den Voraussetzungen einer bindenden Patientenverfügung Stellung genommen. Dabei hatte der BGH über folgenden Sachverhalt zu entscheiden:

 

Die im Jahr 1940 geborene Betroffene befindet sich seit Juni 2008 in einem wachkomatösen Zustand. Sie muss seit diesem Zeitpunkt über eine Magensonde künstlich ernährt und mit Flüssigkeit versorgt werden. Bereits im Jahr 1998 hatte die Betroffene ein Schriftstück verfasst und unterschrieben, welches mit „Patientenverfügung“ betitelt war. In diesem Schriftstück legte die Betroffene fest, dass lebensverlängernde Maßnahmen unterbleiben sollen, wenn bei ihr keine Aussicht auf Wiedererlangung des Bewusstseins besteht oder aufgrund Krankheit oder Unfall ein schwerer Dauerschaden des Gehirns zurückbleibe.

 

In den nächsten zehn Jahren nach Verfassung der „Patientenverfügung“ äußerte die Betroffene einen entsprechenden Willen auch immer wieder gegenüber Familienmitgliedern und verwies dabei auf die von ihr verfasste „Patientenverfügung“. Auch noch nach einem Schlaganfall im Mai 2008 konnte die Betroffene gegenüber einer Therapeutin ihren entsprechenden Willen nochmals äußern.

 

Seit dem Jahr 2014 ist der von der Betroffenen zum Betreuer bestellte Sohn im Einvernehmen mit dem behandelnden Arzt der Meinung, die künstliche Ernährung müsse im Hinblick auf die bestehende Patientenverfügung eingestellt werden. Der ebenfalls zum Betreuer bestellte Ehemann der Betroffenen widerspricht dem.

 

Das Amtsgericht lehnte den Antrag des Sohnes auf Einstellung der künstlichen Ernährung ab und die dagegen eingelegte Beschwerde wurde vom Landgericht zurückgewiesen. Der BGH hat nunmehr in seiner Entscheidung vom 08.02.2017 die Entscheidung des Landgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Der BGH hat die Entscheidung wie folgt begründet:

 

Eine Patientenverfügung könne nur dann Bindungswirkung entfalten, wenn dieser eine konkrete Entscheidung für oder gegen bestimmte ärztliche Maßnahmen zu entnehmen sind. Dabei dürften allerdings die Anforderungen an die Bestimmtheit der Patientenverfügung nicht überspannt werden. So reiche für sich genommen die Äußerung „keine lebenserhaltenden Maßnahmen zu wünschen“ nicht aus. Allerdings könne dies dadurch korrigiert werden, dass in der Verfügung auf bestimmte ärztliche Maßnahmen oder bestimmte Krankheiten verwiesen wird.

 

Entgegen der bisherigen Rechtsprechung des BGH soll dabei eine weniger konkrete Benennung von ärztlichen Maßnahmen dadurch ausgeglichen werden können, dass Krankheiten oder Behandlungssituationen ausreichend konkret beschrieben werden. Der im zu entscheidenden Fall vorliegende dauerhafte Verlust des Bewusstseins wurde vom BGH als konkrete Behandlungssituation eingestuft, die zu einer ausreichend bestimmten Patientenverfügung führen kann. Da sich das Landgericht mit dieser Frage nicht ausreichend befasst habe, wurde die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

 

Für den Fall, dass das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der derzeitige Gesundheitszustand der Betroffenen nicht den Festlegungen der Patientenverfügung entspricht und damit nicht von einer bindenden Patientenverfügung auszugehen ist, hat der BGH ebenfalls den weiteren Weg vorgegeben. Dann müsse geprüft werden, ob ein Abbruch der künstlichen Ernährung dem mutmaßlichen Willen der Betroffenen entspräche. Dies dürfte nach den wiederholten eindeutigen Äußerungen der Betroffenen der Fall sein.

 

Der BGH hat mit dieser Entscheidung zwar die Anforderungen an eine wirksame Patientenverfügung etwas gelockert. Dennoch kann leider noch nicht von einer klaren Linie der Rechtsprechung gesprochen werden. In jedem Fall muss weiterhin bei allen Patientenverfügungen auf eine sorgfältige Formulierung geachtet werden. Gerne unterstützen und beraten wir Sie im Zusammenhang mit der Erstellung von Patientenverfügungen, aber auch Betreuungsverfügungen und Vorsorgevollmachten.

Widerruf von Vollmachten durch Erben

Häufig sind Vollmachten des Erblassers, insbesondere auch Bankvollmachten, so ausgestattet, dass sie auch über den Tod des Erblassers hinaus fortbestehen (postmortale Vollmacht). Dies ist grundsätzlich sehr sinnvoll, um eine Handlungsfähigkeit gleich nach dem Tod des Erblassers zu erhalten. Probleme treten dann auf, wenn Bevollmächtigter und Erbe nicht identisch sind. Häufig ist es dann das Interesse des Erben, die Vollmacht des Bevollmächtigten zu widerrufen. Dies führt zu folgenden Fragen: Benötigt der Erbe für den Widerruf einen Erbschein? Was passiert, wenn nur ein Erbe aus einer Erbengemeinschaft widerruft?

 

Grundsätzlich benötigt ein Erbe für den Widerruf einer postmortalen Vollmacht keinen Erbschein oder einen Nachweis seiner Erbenstellung. Auch wenn in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, zum Beispiel einiger Banken, ein solcher Nachweis gefordert wird, so ist eine solche Bedingung im Zweifel nicht wirksam. Der BGH hatte mit Urteil vom 08.10.2013 eine entsprechende Allgemeine Geschäftsbedingung für unwirksam erklärt. Insoweit muss allerdings jede einzelne Klausel angesehen und geprüft werden.

 

Der Widerruf kann sowohl dem Bevollmächtigten als auch dem Dritten gegenüber, also zum Beispiel der Bank, erklärt werden. Der sicherste Weg ist es, den Widerruf gegenüber beiden Seiten zu erklären. Wenn dies nicht möglich ist, sollte auf jeden Fall gegenüber dem Dritten der Widerruf erklärt werden.

 

Entschließen sich alle Mitglieder einer Erbengemeinschaft zum Widerruf einer postmortalen Vollmacht, so ist dies unproblematisch. Entscheidet sich allerdings nur ein Mitglied der Erbengemeinschaft oder nur ein Teil der Erbengemeinschaft für einen Widerruf, so ist streitig, welche Rechtsfolgen dies hat. Ein gewichtiger Teil der juristischen Literatur geht für diesen Fall davon aus, dass der Bevollmächtigte nach dem Widerruf durch einen Miterben schlicht diesen nicht mehr vertreten kann, sondern nur noch die anderen Erben. Dagegen spricht, dass damit eine unzulässige Aufspaltung der Vollmacht verbunden ist. Deshalb vertritt ein anderer Teil der juristischen Lehre die Auffassung, dass eine Vollmacht nur von der Mehrheit der Erben widerrufen werden kann.

 

Eine Ausnahme gilt allerdings in jedem Fall für den Fall einer Notverwaltungsmaßnahme. Ist der Widerruf der Vollmacht zur Erhaltung des Nachlasses dringend geboten, so kann nämlich auch ein einzelner Erbe mit Wirkung für alle anderen Erben eine Vollmacht widerrufen. Hier muss in jedem Einzelfall geprüft werden, ob ein Fall der Notgeschäftsführung vorliegt und ob sich möglicherweise aus Allgemeinen Geschäftsbedingungen, zum Beispiel der Banken, etwas anderes ergibt.