Widerruf von Vollmachten durch Erben

Häufig sind Vollmachten des Erblassers, insbesondere auch Bankvollmachten, so ausgestattet, dass sie auch über den Tod des Erblassers hinaus fortbestehen (postmortale Vollmacht). Dies ist grundsätzlich sehr sinnvoll, um eine Handlungsfähigkeit gleich nach dem Tod des Erblassers zu erhalten. Probleme treten dann auf, wenn Bevollmächtigter und Erbe nicht identisch sind. Häufig ist es dann das Interesse des Erben, die Vollmacht des Bevollmächtigten zu widerrufen. Dies führt zu folgenden Fragen: Benötigt der Erbe für den Widerruf einen Erbschein? Was passiert, wenn nur ein Erbe aus einer Erbengemeinschaft widerruft?

 

Grundsätzlich benötigt ein Erbe für den Widerruf einer postmortalen Vollmacht keinen Erbschein oder einen Nachweis seiner Erbenstellung. Auch wenn in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, zum Beispiel einiger Banken, ein solcher Nachweis gefordert wird, so ist eine solche Bedingung im Zweifel nicht wirksam. Der BGH hatte mit Urteil vom 08.10.2013 eine entsprechende Allgemeine Geschäftsbedingung für unwirksam erklärt. Insoweit muss allerdings jede einzelne Klausel angesehen und geprüft werden.

 

Der Widerruf kann sowohl dem Bevollmächtigten als auch dem Dritten gegenüber, also zum Beispiel der Bank, erklärt werden. Der sicherste Weg ist es, den Widerruf gegenüber beiden Seiten zu erklären. Wenn dies nicht möglich ist, sollte auf jeden Fall gegenüber dem Dritten der Widerruf erklärt werden.

 

Entschließen sich alle Mitglieder einer Erbengemeinschaft zum Widerruf einer postmortalen Vollmacht, so ist dies unproblematisch. Entscheidet sich allerdings nur ein Mitglied der Erbengemeinschaft oder nur ein Teil der Erbengemeinschaft für einen Widerruf, so ist streitig, welche Rechtsfolgen dies hat. Ein gewichtiger Teil der juristischen Literatur geht für diesen Fall davon aus, dass der Bevollmächtigte nach dem Widerruf durch einen Miterben schlicht diesen nicht mehr vertreten kann, sondern nur noch die anderen Erben. Dagegen spricht, dass damit eine unzulässige Aufspaltung der Vollmacht verbunden ist. Deshalb vertritt ein anderer Teil der juristischen Lehre die Auffassung, dass eine Vollmacht nur von der Mehrheit der Erben widerrufen werden kann.

 

Eine Ausnahme gilt allerdings in jedem Fall für den Fall einer Notverwaltungsmaßnahme. Ist der Widerruf der Vollmacht zur Erhaltung des Nachlasses dringend geboten, so kann nämlich auch ein einzelner Erbe mit Wirkung für alle anderen Erben eine Vollmacht widerrufen. Hier muss in jedem Einzelfall geprüft werden, ob ein Fall der Notgeschäftsführung vorliegt und ob sich möglicherweise aus Allgemeinen Geschäftsbedingungen, zum Beispiel der Banken, etwas anderes ergibt.