Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Veranstaltungsvertragsrecht

Der „Entwurf eines Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Veranstaltungsvertragsrecht“ betrifft eine Vielzahl von Verbraucherverträgen. Hierzu zählen unter anderem auch „Abos“ für Fußballspiele oder Fitnessstudios.

 

Nach dem Entwurf des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz sollen Verbrauchern Gutscheine statt Rückerstattungen bei Freizeitveranstaltungen zustehen. Es bedeutet, dass bei „Fitnessstudio - Abos“ nicht der gezahlte Betrag zurückgefordert werden kann, sondern den Verbrauchern Gutscheine ausgestellt werden. Die Gutscheine sollen für zukünftige Zeiträume und Veranstaltungen nach der Krise gelten. Begründet wird dies wie folgt:

 

Eine Vielzahl von bereits erworbenen Eintrittskarten für die unterschiedlichsten Veranstaltungen aus dem Bereich der Kultur, des Sports und dem sonstigen Freizeitbereich können nicht eingelöst werden, da fast sämtliche Konzerte, Festivals, Theatervorstellungen, Lesungen, Filmvorführungen oder Sportwettkämpfe aufgrund der Auswirkungen der Pandemie abgesagt werden mussten. Vielfach werden die Veranstalter den Inhabern der Eintrittskarten anbieten, ihre Tickets zu behalten und für Nachhol- und Alternativveranstaltungen nach dem Ende des Veranstaltungsverbotes einzulösen.

 

Es ist jedoch zu erwarten, dass sich die Inhaber der Eintrittskarten in vielen Fällen hiermit nicht einverstanden erklären werden und die Erstattung des Eintrittspreises verlangen werden. Hierzu sind sie nach der geltenden Rechtslage auch berechtigt. Die Veranstalter können die ihrerseits geschuldete Leistung, nämlich die Durchführung der Veranstaltung im angekündigten Rahmen und zu der angekündigten Zeit, aufgrund öffentlich-rechtlicher Verbote nicht erbringen und die Leistung ist demnach unmöglich geworden. So die noch aktuelle Rechtslage nach §§ 275, § 326 Abs. 1 und 4 BGB in Verbindung mit § 346 Abs. 1 BGB.

 

Das Bundesjustizministerium möchte nun die Veranstalter entlasten. Diese sind regelmäßig bereits mit erhebliche Kosten für Planung, Werbung und Organisation der Veranstaltungen und mit Leistungen für Künstler und Veranstaltungstechnik in Vorleistung gegangen. Die Verpflichtung zur Rückzahlung der nun von allen Kunden bereits erhaltenen Beträge würde zu einem erheblichen Liquiditätsabfluss führen. Mit einer vergleichbaren Situation sehen sich die Betreiber von Freizeiteinrichtungen konfrontiert: Museen, Freizeitparks, Schwimmbäder oder Sportstudios mussten geschlossen werden. Auch hier wären die Inhaber einer zeitlichen Nutzungsberechtigung, etwa einer Monats-, Saison- oder Jahreskarte, zumeist berechtigt, von dem Betreiber eine Erstattung für den Zeitraum zu verlangen, in dem die Nutzung der Einrichtung nicht möglich ist.

 

Der Gesetzentwurf sieht nun vor, dass für Veranstaltungsverträge eine Gutscheinregelung eingeführt wird 

 

„§ 5 Gutschein für Freizeitveranstaltungen und Freizeiteinrichtungen

 

(1) Wenn eine Musik-, Kultur-, Sport- oder sonstige Freizeitveranstaltung aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht stattfinden konnte oder kann, ist der Veranstalter berechtigt, dem Inhaber einer vor dem 8. März 2020 erworbenen Eintrittskarte oder sonstigen Teilnahmeberechtigung anstelle einer Erstattung des Eintrittspreises oder sonstigen Entgelts einen Gutschein zu übergeben. Umfasst eine solche Eintrittskarte oder sonstige Berechtigung die Teilnahme an mehreren Freizeitveranstaltungen und konnte oder kann nur ein Teil dieser Veranstaltungen stattfinden, ist der Veranstalter berechtigt, dem Inhaber einen Gutschein in Höhe des Wertes des nicht genutzten Teils zu übergeben. 

 

(2) Soweit eine Musik-, Kultur-, Sport- oder sonstige Freizeiteinrichtung aufgrund der COVID-19-Pandemie zu schließen war oder ist, ist der Betreiber berechtigt, dem Inhaber einer vor dem 8. März 2020 erworbenen Nutzungsberechtigung anstelle einer Erstattung des Entgelts einen Gutschein zu übergeben. 

 

(3) Der Wert des Gutscheins muss den gesamten Eintrittspreis oder das gesamte sonstige Entgelt einschließlich etwaiger Vorverkaufsgebühren umfassen. Für die Ausstellung und Übersendung des Gutscheins dürfen keine Kosten in Rechnung gestellt werden. 

 

(4) Aus dem Gutschein muss sich ergeben, 

 

1. dass dieser wegen der COVID-19-Pandemie ausgestellt wurde und 

2. dass der Inhaber des Gutscheins die Auszahlung des Wertes des Gutscheins unter einer der in Absatz 5 genannten Voraussetzungen verlangen kann. 

 

(5) Der Inhaber eines nach Absatz 1 oder 2 ausgestellten Gutscheins kann von dem Veranstalter oder Betreiber die Auszahlung des Wertes des Gutscheins verlangen, wenn 

 

1. der Verweis auf einen Gutschein für ihn angesichts seiner persönlichen Lebensumstände unzumutbar ist oder 

2. er den Gutschein bis zum 31. Dezember 2021 nicht eingelöst hat.“

 

Die in § 5 Abs. 2 erwähnten Sport- oder Freizeiteinrichtungen beziehen sich auch auf Fitness- und Sportstudios. Das ergibt sich aus dem besonderen Teil der Begründung des Gesetzesentwurfs, der unter dem oben eingefügten Link einsehbar ist.

 

Für Verbraucher stellt sich die Frage, unter welchen Umständen man als Kunde bzw. Vertragspartner doch Geld für eine ausgefallene Veranstaltung zurückverlangen kann, für die man einen Gutschein ausgestellt bekommen hat.

 

Die Möglichkeit einer solchen Rückerstattung ist in Artikel 5 Abs. 5 des Gesetzesentwurfs geregelt. 

Die erste Anspruchsvoraussetzung ist, dass der „Verweis auf einen Gutschein für den Verbraucher angesichts seiner persönlichen Lebensumstände unzumutbar ist“. Diese Formulierung lässt Raum für Argumentation. Es ist beispielsweise im Zusammenhang mit einem Abonnement bei einem Fitnessstudio denkbar, dass der Kunde umgezogen ist oder das Trainingsziel bereits anderweitig erreicht wurde. Dann hat der Kunde kein Interesse mehr an einem Besuch im Fitnessstudio und eine Einlösung des Gutscheins ist ihm unzumutbar. 

Die zweite Voraussetzung ist, dass der Gutschein nicht bis zum 31. Dezember 2021 eingelöst wurde. Wenn also die Veranstaltung nicht besucht wurde, kann frühestens nach dem 31. Dezember 2021 das Geld für den Gutschein zurückverlangt werden.

 

Insgesamt bedeutet die geplante Regelung für den Verbraucher, dass er den Veranstaltern eine Art „Zwangskredit“ einräumt, da zunächst der Anspruch auf Rückerstattung der bereits bezahlten Beträge nicht durchsetzbar ist. So will der Gesetzgeber Veranstaltungsunternehmen vor der Insolvenz schützen. Allerdings soll den „Schutzkredit“ nicht der Staat sondern der Verbraucher geben, der die bereits bezahlte Leistung nun nicht bekommt. 

 

Es bleibt abzuwarten, welche Änderungen im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens noch am Gesetzesentwurf vorgenommen werden.