Der Verbraucher-Bauvertrag

Der Gesetzgeber hat die Verbraucherrechterichtlinie (Richtlinie 2011/83/EU vom 25.10.2011) durch eine Neuordnung der §§ 312 ff BGB umgesetzt und die Regelungen sind seit dem 13.6.2014 in Kraft. Damit wurden das Haustürgeschäft und die Fernabsatzverträge im BGB gänzlich neu geregelt. Mit diesen Normen musste sich der Bauunternehmer bisher in aller Regel nicht beschäftigen, sie waren im Bauvertragsrechts nicht von sonderlicher Relevanz. Dies hat sich grundlegend geändert. Der Unternehmer muss nun umfassende Informations-, Dokumentations- und Belehrungspflichten beachten und dem Verbraucher wurde ein weitreichendes Widerrufsrecht gewährt. Verbraucher im Sinne der Regelung ist in der Regel jeder Privatkunde.

 

AGV Bauverträge

Das Gesetz behandelt im wesentlichen zwei Formen (Vertriebsformen) des Verbrauchervertrages, nämlich den Fernabsatzvertrag und Verträge, die außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossen werden, die sogenannten AGV-Verträge.

 

Von besonderer Bedeutung und mit weitreichenden Rechtsfolgen versehen sind bei Abschluss eines Verbraucher-Bauvertrages die AGV-Verträge.

Die Voraussetzungen eines solchen AGV-Vertrages sind:

 

  • Gleichzeitige Anwesenheit des Privatkunden und des Unternehmers an einem Ort, der außerhalb des Geschäftsraumes des Unternehmers liegt und dortiger Abschluss des Bauvertrages;
  • Gleichzeitige Anwesenheit des Privatkunden und des Unternehmers an einem Ort außerhalb des Geschäftsraumes des Unternehmers. Der Privatkunde gibt dort ein Angebot ab, das vom Unternehmer sogleich oder später angenommen wird;
  • Der Privatkunde wird vom Unternehmer außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers persönlich und individuell angesprochen. Unmittelbar danach kommt es in den Geschäftsräumen des Unternehmers zum Vertragsabschluss oder der Kunde erteilt durch einen Brief, durch Telefonanruf, durch E-Mail oder durch Telefax den Auftrag.

 

Eine Vielzahl von Verbraucher-Bauverträgen, also von Privatkunden - Bauverträgen, die tagtäglich gerade auch von kleineren und mittelgroßen Bauunternehmern abgeschlossen werden, fällt unter diese AGV-Vertragsregelung.

Beispiele hierzu:

 

  • Der Privatkunde meldet sich beim Unternehmer und bittet diesen zur Besprechung oder Planung einer Neuherstellung der Außenanlage oder zur Durchführung von Pflegearbeiten zu sich nach Hause oder vor Ort in den Garten. Dort wird der Auftrag erteilt.
  • Wiederum: Besprechung zu eventuell auszuführenden Arbeiten im Garten vor Ort beim Privatkunden. Dieser gibt ein Angebot ab, der Unternehmer fertigt danach ein Leistungsverzeichnis und nimmt das Angebot des Kunden durch Übersendung des Leistungsverzeichnisses und einer  „Auftragsbestätigung“ an.
  • Anlässlich eines bereits bestehenden Auftrages, zum Beispiel bei der Ausführung von Pflegearbeiten im Garten, weist der Unternehmer seinen Privatkunden darauf hin, dass sinnvollerweise und dringend die Terrasse zu sanieren wäre. Der Privatkunde erteilt hierzu sogleich den Auftrag.

 

In allen diesen Beispielen ist ein AGV-Vertrag zustande gekommen.

 

 

Rechtliche Konsequenzen beim Abschluss eines AGV-Bauvertrages

 

1.      Informationspflichten

 

Kommt ein AGV-Bauvertrag zustande, muss der Unternehmer seinen Privatkunden umfassend informieren; der Gesetzgeber hat in 16 Einzelziffern Informationspflichten festgelegt.

 

Der Kunde ist zu informieren über

 

  • die wesentlichen Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen. Dies erfordert eine hinreichend ausführliche Leistungsbeschreibung;
  • die Identität des Unternehmers, also Name, Anschrift, Telefonnummer, E-Mail-Adresse;
  • den Gesamtpreis der Dienstleistungen und die Art der Preisberechnung. Damit muss der Gesamtpreis der im Bauvertrag angebotenen Leistungen ausgewiesen werden und es ist klarzustellen, ob ein Einheitspreisvertrag, eine Pauschalpreisvereinbarung oder eine Stundenlohnvereinbarung vorgesehen ist;
  • Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen;
  • den Fertigstellungstermin (!);
  • das zur Anwendung kommende Mängelhaftungsrecht. Wie umfassend hier die Informationspflichten verlangt werden, wird die Rechtsprechungsentwicklung erweisen. Nach meiner Auffassung genügt der Verweis auf das Mängelhaftungsrecht des BGB;
  • die Bedingungen der Kündigung des Bauvertrages. Auch hier ist abzuwarten, welche konkreten Informationen die Rechtsprechung verlangt. Ich würde hier zunächst ebenfalls auf die Kündigungsmöglichkeiten nach dem BGB verweisen.

 

Der Gesetzgeber verlangt, dass bei Abschluss eines AGV-Vertrages eine Abschrift des beiderseits unterzeichneten Vertragsdokumentes oder eine Bestätigung des Vertrages, in der der Vertragsinhalt wiedergegeben ist, dem Privatkunden zur Verfügung gestellt wird. Alternativ kann auch ein anderer dauerhafte Datenträger (zum Beispiel Telefax, E-Mail) verwendet werden. Oder aber der Unternehmer kann seinem Privatkunden vor Abschluss des Bauvertrages die erforderlichen Informationen auf einem solchen dauerhaften Datenträger zur Verfügung stellen.

Dies bedeutet in der Praxis, dass in aller Regel ein beiderseits unterzeichneter schriftlicher Bauvertrag erforderlich ist.

 

Werden die Informationspflichten nicht oder nicht vollständig erfüllt, kann dies zu Schadenersatzansprüchen des Privatkunden führen.

 

 

2.      Widerrufsrecht

 

Dem Verbraucher steht bei Abschluss eines AGV-Vertrages ein Widerrufsrecht zu. Das Widerrufsrecht gilt 14 Tage ab Vertragsabschluss.

Allerdings beginnt die Widerrufsfrist gar nicht erst zu laufen, bevor der Unternehmer den Privatkunden nicht über die Bedingungen, die Fristen und über das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts sowie über das Muster-Widerrufsformular informiert hat.

Immerhin erlischt das Widerrufsrecht spätestens 12 Monate und 14 Tage nach dem Vertragsabschluss.

 

Diese Informationspflichten zum Widerrufsrecht muss also der Bauunternehmer unbedingt erfüllen, da ansonsten sein Privatkunde den Bauvertrag noch nach 12 Monaten und 14 Tagen widerrufen könnte. Die erforderlichen Informationen finden sich alle in der Muster-Widerrufsbelehrung.

 

In der bauvertraglichen Praxis, gerade auch im Garten-und Landschaftsbau, kommt es häufig vor, dass mit der Ausführung der Bauleistungen sofort nach Abschluss des Bauvertrages begonnen werden soll, also vor Ablauf der 14-tägigen Widerrufsfrist.

In solchen Fällen erlischt das Widerrufsrecht bei einem Verbraucher-Bauvertrag auch dann, wenn

 

·         der Unternehmer die Bauleistung vollständig erbracht hat,

·         der Unternehmer mit der Ausführung erst begonnen hat, nachdem sein Privatkunde dazu seine ausdrückliche Zustimmung gegeben hat und

·         der Privatkunde seine Kenntnis bestätigt hat, dass er sein Widerrufsrecht bei vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer verliert.

 

Kommt es zu einem Widerruf des Bauvertrages durch den Privatkunden, so sind beiderseits die empfangenen Leistungen spätestens nach 14 Tagen zurück zu gewähren. Die erbrachte Bauleistung kann ja in aller Regel nicht zurückgegeben werden, wohl aber muss der Unternehmer alle erhaltenen Zahlungen zurückzahlen.

 

Für die vom Unternehmer erbrachte Bauleistung schuldet der Privatkunde im Falle des Widerrufes Wertersatz (nicht die vertraglich vereinbarte Vergütung).

Wertersatz erhält der Unternehmer allerdings nur dann, wenn

 

·        der Privatkunde vom Unternehmer ausdrücklich verlangt hat, dieser möge mit der Bauleistung vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnen;

·       der Unternehmer seinen Kunden ordnungsgemäß informiert hatte über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des                 Widerrufsrechts und über das Muster-Widerrufsformular, sowie über die Verpflichtung zum Wertersatz im Falle des Widerrufs;

·        der Privatkunde sein Verlangen nach einem Baubeginn vor Ablauf der Widerrufsfrist auf einem dauerhaften Datenträger (Schriftstück, E-Mail, Telefax

        o. Ä.) übermittelt hat.

 

Achtung: 

Sind die vorstehenden Voraussetzungen nicht erfüllt, entfällt die Verpflichtung zum Wertersatz und die vom Unternehmer erbrachte Werkleistung bleibt ohne Vergütung!

 

 

3.      Zusammenfassung

 

Die Erfüllung all der genannten Verpflichtungen ist für den Unternehmer nicht einfach.

 

Meine Empfehlung für den Verbraucher-Bauvertrag lautet in Konsequenz der vorstehenden Ausführungen:

 

  • der Bauvertrag mit den oben genannten erforderlichen Informationen sollte beiderseits unterzeichnet in Schriftform abgeschlossen werden;
  • der Privatkunde sollte schriftlich und durch Unterschrift bestätigen, dass er über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts, über das Muster-Widerrufsformular, sowie über die Verpflichtung zum Wertersatz im Falle des Widerrufs unterrichtet wurde;
  • im Falle eines gewünschten Baubeginns vor Ablauf der Widerrufsfrist: der Privatkunde sollte schriftlich sein Verlangen eines vorzeitigen Baubeginnes erklären. Auch hier hat der Privatkunde schriftlich zu bestätigen, dass die bereits genannten Informationen erteilt wurden.

 

Diese Verpflichtungen sind ordnungsgemäß nur zu erfüllen, wenn der Unternehmer seinem Privatkunden zum einen die vollständige Muster-Widerrufsbelehrung und das Muster-Widerrufsformular aushändigt und sich diese Übergabe und gegebenenfalls das Verlangen eines vorzeitigen Baubeginns durch Unterschrift des Kunden bestätigen lässt.

  

Offen ist die Frage, ob all dies auch im Falle der Erteilung von Nachträgen (Änderungsaufträge oder Zusatzaufträge) gelten soll. Hierzu hoffe ich auf eine Klarstellung durch die Rechtsprechung, sodass es dann vielleicht ausreichen wird, wenn zu Beginn der Baumaßnahme bei Abschluss des Bauvertrages die Verpflichtungen nach der Verbraucherrechterichtlinie erfüllt werden und neuerliche Widerrufsbelehrungen und Widerrufsformulare im Falle eines Nachtrages nicht mehr erforderlich sind.